Kinder brauchen Stille und Zeit. Sie lieben das spielerische Lernen, sie sind wissbegierig und können ganz versinken in ihrem Tun. Was sie tun, tun sie mit Hingabe und Leichtigkeit. Mag sein, dass das idealtypisch klingt angesichts der Nervosität und Hippeligkeit, wie sie viele Kinder heute zeigen. Doch auch solche Kinder haben eher einen Zugang zu ihrer Intuition als viele von uns Erwachsenen. Sie sind noch dichter am Erleben des Einsseins mit der Welt, einem Zustand, in dem Babies und Kleinkinder sich zunächst befinden.
Die Selbstheilungskräfte von Kindern sind enorm, ihre Lernfähigkeit ist riesengroß, ihre Herzen sind noch offen und bedingungslos bereit zu lieben und das sogar unabhängig davon, wie sie behandelt werden.
Kinder wachsen heute hinein in eine Welt, die sich auf der Überholspur befindet. Alles wird schneller, effizienter, leistungsorientierter, vielfältiger. Eltern wollen mithalten, viele sind abgehängt. Digitale Abhängigkeit und Verwahrlosung greifen in allen Schichten um sich. Ein alltägliches Bild: Kinder fragen Mama und Papa etwas, doch diese sind beschäftigt mit ihrem Smartphone und schenken ihrem Nachwuchs nur beiläufig ihre Aufmerksamkeit. Andererseits versuchen viele Eltern alles möglich zu machen, um ihren Kindern nur ja alles zu ermöglichen, damit sie gute Voraussetzungen haben: ein Musikinstrument spielen, im Fußballverein kicken, Reiten, Handball spielen, schwimmen usw. Zehnjährige Kinder haben nicht selten einen eng getakteten Zeitplan. Das alles erzeugt oft einen großen Druck auf die Kinder selbst, aber auch innerhalb der Familien.
Andere sind sich selbst, den Medien, Computerspielen usw. ohne Regeln überlassen und verlieren ihr Interesse an reizärmerem Tun und Lernen. Dem Leistungsdruck in der Schule sind diese Kinder oft nicht gewachsen, doch auch die Überversorgten tun sich oft schwer, konzentriert zu lernen.
Jeder weiß, dass Lernen Zeit, Ruhe, Konzentration, Übung, aber auch Vergnügen braucht, dass positive Emotionen eine wesentliche Rolle für das Behalten von Gelerntem spielen. Gestresste Lehrer, die unter Druck stehen und selbst nur mit Mühe ihr Pensum bewältigen, können dieses Setting oft nicht bieten. Es ist deshalb höchste Zeit, dass in unseren Schulen Räume für Stille, Entspannung und spielerische Bewegung geschaffen werden.
Qigong ist eine sehr gute Möglichkeit, für Lehrer und Schüler zur Ruhe zu kommen, sich zu entspannen und wieder frisch und aufmerksam zu werden, wenn die Luft raus ist und die Schüler sich nicht mehr konzentrieren können.
In England wird inzwischen fast flächendeckend in Schulen „mindfulness training“ angeboten. Lehrer werden zu Coaches ausgebildet, Kinder sitzen, atmen, schweigen mit geschlossenen Augen. Die Aufmerksamkeit geht nach innen. Berichten zufolge sind die Erfahrungen durchweg positiv, wie auch an den Schulen in San Francisco, wo schon seit längerem Meditation für alle Schüler angeboten wird und sich das Sozial- und Lernverhalten der Schüler, wie berichtet wird, deutlich verbessert hat.
Beim Qigong-Training geht es neben der Entwicklung von Achtsamkeit und Körperbewusstsein (ein wichtiges Ziel der Gesundheitserziehung) noch um viel mehr.
Im chinesischen Huaxia Zhineng Qigong Zentrum fanden in den 90er Jahren alljährlich große Sommerakademien für Kinder und Jugendliche statt, wo diese über einen Zeitraum von vier Wochen gemeinsam trainierten, ihre Intelligenz, Konzentration, Aufmerksamkeit, Intuition und Gesundheit zu stärken. Diese Sommerakademien erfreuten sich großer Beliebtheit und wurden von Tausenden von Kindern besucht.
Das chinesische Konzept ist sicher nur bedingt auf Deutschland übertragbar und muss ganz sicher an unsere Bedürfnisse angepasst werden.
Indes haben sich einige LehrerInnen, Kindergärtnerinnen, ErzieherInnen und Logopädinnen in Deutschland auf den Weg gemacht, um Qigong in die Schulen zu tragen bzw. Qigong-Kurse für Kinder anzubieten. Gleichzeitig geschieht dies in vielen Ländern der Erde.
Erste positive Beobachtungen und Erfolgsmeldungen werden laut:
Das Sozialverhalten verbessert sich, die Aufmerksamkeitsspanne verlängert sich, Kinder werden ruhiger, angstfreier, typische psychosomatische Beschwerden (Bauchschmerzen, Rückenschmerzen) treten seltener auf.
Ziele eines Qigong Trainings für Kinder
- Aufbau von Ruhe und mentaler Kraft
- Verbesserung der Gesundheit/ Kräftigung des Immunsystems
- Reduzieren von Stressempfinden
- Verbesserung der Aufmerksamkeit und Schnelligkeit
- Verbesserung der Gedächtnisleistung
- Entwicklung von Kreativität und Intelligenz
- Steigerung der Leistung und der Arbeitsergebnisse
- Steigerung von Empathie und Verbesserung des Sozialverhaltens
- Steigerung von außergewöhnlichen und Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten
- Emotionale Ausgeglichenheit und Balance
- Möglichkeiten der Selbstermutigung und Selbststeuerung in Krisen und Angstsituationen erfahren
- Förderung der intuitiven Kraft
- Verbesserter Umgang mit Problemen und Konflikten
Kinder lieben es, Qi zu spüren und damit zu experimentieren. Sie erfahren dabei, dass wir mehr sind als unser physischer Körper und dass wir nicht getrennt sind von unserer Umwelt. Allein diese Erfahrung weitet schon den Blick und lässt ein neues Welterleben heranreifen, in dem Mensch und Natur als Einheit erlebt werden, in dem äußere Unterschiede zurücktreten hinter dem Gefühl von Verbundenheit. Was für eine Welt könnten wir erschaffen, wenn uns Erwachsenen das bewusst wäre und wenn wir es tatsächlich alle erfahren würden?!
Online-Works für Qigong für Kinder: Qigong für Kinder Flyer.
Ein Interview mit Lehrer Conghua Zhu, der regelmäßige Qigong-Workshops für Kinder anbietet:
Luise Kohl-Hajek und Qigong-Lehrer Conghua Zhu